Erste Fahrt des Alfa Romeo Stelvio 2.0 Super durch die Tiroler Alpen

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Alfa Romeo steht schon seit jeher für maximale Emotionalität und pure Attraktivität. Und auch beim ersten SUV der über hundertjährigen Markengeschichte kribbelt es beim ersten Augenkontakt in den Händen – feurige Hitze durchströmt die Adern. Der Alfa Romeo Stelvio ist aber weitaus mehr als nur ein italienischer Schönling: er überzeugt mit konsequentem Leichtbau und ausgewogener Gewichtsverteilung sowie einer höchst präzisen und feinfühligen Lenkung. Doch das unter der Gesamtprojektleitung von Maserati stehende und nach der höchsten Passstraße Italiens benannte SUV muss sich noch an das Passieren am Limit enger Spitzkehren gewöhnen. Wir hatten die 56.000 Euro teure Intro-Version als 280 PS Benziner im ersten Test.

Spieglein, Spieglein vor dem Gletscher …

Wir kennen die Graumetallic-Grautöne des FCA-Konzerns nur allzu gut. Sie sind nicht nur einzigartig zu photographieren, sondern haben auch ein hohes Qualitätsniveau. Schon beim Abarth 595 waren wir begeistert von dieser Lackierung. Neben acht weiteren Farben für den Stelvio gibt es insgesamt drei Grautöne: Grigio Silverstone (hell), Grigio Vesuvio (dunkel) und Grigio Stromboli (mittel).

Galerie: Alfa Romeo Stelvio Super im Test

Alfa Romeo Stelvio Super im Test
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Alfa Romeo Stelvio Super im Test

Optische Augenweide: Giulia lässt grüßen

Die Giulia scheint es nicht nur uns angetan zu haben, sondern auch dem neuen Alfa Romeo Stelvio. Italiens heißester Name hat eben Vorbildfunktion. Und so ist die DNA der Giulia eindeutig auch beim Stelvio zu erkennen. Die großen und extrem breit gezogenen Augen mit LED-Lichtsignatur und dem Alfa-typischen Trilobo – dem Verbund aus trapezförmigem Kühlergrill und den flach verlaufenden unteren Lufteinlässen – zieren die Front. Die Breite beträgt mit den beiden großzügig dimensionierten Außenspiegeln 2,16 Meter.

Auch die 4,68 Meter lange Seitenlinie erinnert mehr an ein Sportcoupé als an ein SUV. Schlanke und mit 1,67 Metern Gesamthöhe gedrungene Linien, kurze Überhänge sowie eine flach abfallende Heckpartie verleihen ihm bewusst einen sportlichen Charakter. Die in der First Edition serienmäßigen 20 Zöller im Trofeo-Design unterstreichen zudem das einzigartige Gespür für Proportionen.

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Sportliches Interieur Italian Style

In unserem Testwagen waren helle Holzdekore verbaut. Unseren Geschmack traf das nicht, jedoch war die Qualität überraschend gut. Glücklicherweise gibt es noch andere Dekore als Holz. Beim ersten Öffnen der Türen intensiviert sich die äußere Ähnlichkeit zur Giulia. Diesen Eindruck unterstreicht auch Autogefühl.

Das Lederlenkrad hat genau den richtigen Durchmesser und liegt durch die zweiachsige Verstellmöglichkeit perfekt in der Hand. Besonders: der Startknopf für den Motor ist direkt am Lenkrad verbaut. Typisch italienisch und grandios: die langen und feststehenden Alu-Schaltpaddels hinter dem Lenkrad. Sie verfügen zwar über keine Mikro-Schalterfunktion, machen aber umso mehr Spaß und sind fast bei jedem Lenkwinkel gut erreichbar.

Hinter den Paddels wartet ein wahlweise 3,5 oder 7,0 Zoll TFT-Anzeigedisplay für den Bordcomputer, das von analogen Instrumenten umschlossen ist.

Auch die Integration des Multimediasystems ohne Touchscreenfunktion ist durchaus gelungen. Die Positionierung ist gut, die Lesbarkeit durch die Schärfe exzellent. Nur die Bedienung über das mittlere Drehrad ist etwas umständlich und Neunziger. Der Wählhebel sieht optisch gut aus, verliert aber bei Bedienung an Attraktivität. Handschmeichler-Qualitäten sind hier nicht gewährleistet – leider.

Insgesamt ist die Interieurgestaltung aber ein deutlicher Sprung nach vorne. Das stellt auch Matthias von motoreport fest.

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Das Vierergespann der Bedienelemente auf der Mittelkonsole liegt gut erreichbar und intuitiv bedienbar. Die qualitative und haptische Anmutung ist jedoch verbesserungswürdig.

Drehfreudiger und starker Vierzylinder mit 280 PS

Insgesamt stehen zwei Motoren und vier Leistungsstufen zur Wahl. Ein 2,0 Liter Reihen-Benzinmotor aus dem Chryslerkonzern der World Gasoline Engine-Generation, der vollständig überarbeitet und im Prinzip neu entwickelt wurde. Er stellt wahlweise 280 oder 200 PS zur Verfügung.

Dieselseitig gibt es ein 2,2 Liter großes Aggregat – ebenfalls mit vier Töpfen – mit wahlweise 210 oder 180 PS.

Der 280 PS Benziner hat ein maximales Drehmoment von 400 Nm bei 2.250 Umdrehungen. Geschaltet wird serienmäßig über einen Achtstufenwandler, der die Kraft – wenn nötig – an alle vier Räder weiterleitet. Nötig wird es erst dann, wenn die unter normalen Bedingungen aktiven Hinterräder zu viel Schlupf bekommen. So leitet das zusätzliche Differenzial und das aktive Verteilergetriebe die Kräfte permanent an die richtigen Stellen – und bis zu 60 Prozent auf die Vorderachse.

Beim Beschleunigen aus dem Stand erbittet das Aggregat eine kleine Denksekunde bevor es den Schub freigibt. Ein elektrisch vorgeladener Turbo oder eine variable Turbinengeometrie wäre hier eine feine Sache für das nächste Motorupdate. Nichtsdestotrotz beeindruckt der vergleichsweise kleine Vierzylinder mit erstaunlich hoher Elastizität und Direktheit. Auch ist die Soundkulisse, die den Reihenmotor umgibt kernig. Selbst in höheren Drehzahlen konnte Alfa Romeo das typische Vierzylinderdröhnen nahezu ausmerzen.

Auch die ZF-Achtstufen-Automatik ist für ein Wandlergetriebe erstaunlich spontan. Schaltwechsel machen sich in allen drei Fahrmodi bemerkbar – im Sportmodus sind sie sehr deutlich spürbar. Das Doppelkupplungsgetriebe des Porsche Macan Diesel und auch Turbo beispielsweise schaltet hier unspektakulärer.

Zögern hingegen gibt es manchmal beim Zurückschalten. Hier werden Drehzahlanpassungen im Sportmodus zwar exzellent ausgeführt, jedoch kann schonmal eine Sekunde zwischen dem Ziehen am linken Paddel und dem tatsächlichen Einlegen des niedrigeren Ganges vergehen.

200 Kilogramm leichter als Porsche Macan S!

Gewicht ist bei Fahrzeugen das A und O. Eine durchaus respektable Leistung haben die Italiener beim Alfa Romeo Stelvio abgegeben: mit 1.735 Kilogramm inklusive Fahrer ist das italienische SUV rund 200 Kilogramm leichter als der Porsche Macan S. Das ist phänomenal, zumal Porsche bislang der Gewichts-Spezi war. Daraus resultiert auch die vergleichsweise schnelle Beschleunigung aus dem Stand: 5,7 Sekunden stehen auf der Stoppuhr.

Realisiert wird dies durch die Verwendung von Aluminium. So sind Motorhaube, alle Kotflügel, Türen, Heckklappe sowie Brems- und Fahrwerkskompontenen aus Aluminium. Die Kardanwelle ist zudem aus Karbon – das kennen wir bislang nur von AMG. Darüber hinaus verzichtet Alfa Romeo seit der Giulia auf ein konventionelle Bremssystem mit Bremskraftverstärker. Auch beim Stelvio tritt man so in einen Transformator, der den Impuls elektronisch an die Bremsen übermittelt. Anders als bei der aufgrund der Zulassungsvorschriften parallel verbauten Lenkstange in den Fahrzeugen von Infiniti, wird bei Alfa Romeo auch auf die mechanischen Komponenten – wie beispielsweise Bremskraftverstärker – komplett verzichtet. Dies soll eine Gewichtsersparnis von rund 20 Kilogramm zur Folge haben.

Das Bremsgefühl ist zuerst gewöhnungsbedürftig. Es ist anfangs schwierig, den richtigen Bremspunkt herauszufinden, denn die ersten Millimeter des Gaspedalweges legt jenes ohne merkliche Reaktion zurück. Dann plötzlich greifen die Bremszangen exponentiell. Für eine dynamische Fahrt ist ein feinfühliger Fuß zweifelsohne gefragt.

Genau wie bei der Lenkung und dem Fahrwerk kann man hier noch Anpassungen vornehmen. Das nächste Bremsen-Update ist schon in der Programmierung.

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Alfa Romeo Stelvio untersteuert in Spitzkehren

Insgesamt kann der Alfa Romeo Stelvio nicht nur von seinem mit 1.735 Kilogramm (inkl. Fahrer) niedrigem Gewicht und niedrigem Schwerpunkt profitieren, sondern überzeugt auch durch seine nahezu ausgeglichene Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse. Darüber hinaus verfügt er über ein stramm abgestimmtes Fahrwerk, einen intelligenten Allradantrieb und eine höchst präzise und direkte Lenkung im Übersetzungsverhältnis von 12:1. Also eigentlich die besten Voraussetzungen für einen Kurvenräuber.

Und doch hat er eine kleine Schwäche: Spitzkehren oder Haarnadeln. Hier schiebt der Alfa Romeo Stelvio überdurchschnittlich stark über die Vorderachse. Zusätzlich greifen in dieser Situation die Fahrstabilitätssysteme unnötigerweise (früh) ein und zwingen den Antrieb zur Mäßigung. Eine Eigenschaft, die uns schon beim kleinen Sportwagen 4C aufgefallen ist. Das kann Teil der Philosophie der Marke sein, denn im Zweifel ist diese Abstimmung sicherheitsrelevant. Jedoch bremst es den Spaß und schickt die modernen elektronischen Helferlein in den Ruhestand.

Es bleibt also festzuhalten: mit einer angepassten Fahrwerksabstimmung könnte der Stelvio noch schneller durch Kurven jagen. Womöglich behält man sich das für die 510 PS starke Quadrifoglio-Version vor. Denn: zügelt man sich selbst und mindert die Kurveneintrittsgeschwindigkeit auf ein beifahrererträgliches Niveau und beschleunigt erst vorbildlich nach dem Scheitelpunkt, erfährt man eine geschmeidige Kombination aus perfekter Gewichts- und Antriebsverteilung.

In dieser Situation zieht es den Stelvio offensiv in die Kurve. Dabei erwartet er einen Impuls vom Fahrer, seine Räder wieder gerade stellen zu dürfen. Das ist sehr angenehm und perfekt zu dosieren. Ein wenig mehr Lenkwiderstand im Sportmodus wäre dabei aber durchaus angemessen.

Fazit von AUTOmativ

Optischer Eindruck  +++++
Qualität Karosserie  ++++
Qualität im Interieur  +++
Lenkung  ++++
Fahrwerk  +++
 Motor  ++++
 Raumangebot  ++++
 Digitales Bedienkonzept  +++
 Innovation  +++
 Preis  ++++
 Gesamteindruck  ++++
 +++++ = Maximum

Abzüge gibt es beim Qualitätseindruck im Interieur. Alfa Romeo ist eben nicht Volkswagen – auch wenn Ferdinand Piech dies gerne gehabt hätte. Und wir auch. Die Lenkung verfehlt trotz exzellenter technischer Abstimmung ihre volle Punktzahl, da ihr Lenkwiderstand im Sport-Modus fehlt. Abzüge gibt es auch beim Fahrwerk, das – nach unserer Ansicht – noch nicht sein ganzes Potential ausgeschöpft hat und den Stelvio im Grenzbereich zu viel untersteuern lässt. Exzellent ist die Verarbeitung der Karosserie und die Konstruktion dieses SUV an sich. Beeindruckend ist das Gewicht und die Gewichtsverteilung. Auch der Motor überzeugt. Würde es ein Kriterium für Emotionalität geben (fügen wir vielleicht noch ein), würde es die Skala sprengen. Es ist eben ein Alfa Romeo. Bei allen beliebt, bei vielen mit positiven Erinnerungen verbunden. Che bella macchina!

Benjamin Brodbeck

Benjamin Brodbeck ist 33 Jahre alt und studierte Automobilwirtschaft bei Prof. Dr. Diez. Danach wechselte er an die Universität Wien, wo er Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studierte und mit dem akademischen Grad 'Magister der Philosophie' abschloss. Neben seiner Tätigkeit als Jazz-Pianist bringt er seine Leidenschaft für und sein Wissen von Automobilen in Form und Sprache als Publizist bei AUTOmativ.de sowie zahlreichen weiteren Plattformen und Unternehmen zum Ausdruck.

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