GWM Ora 07 GT (2025) im Fahrbericht: Chinesische Elektro-Limousine mit europäischen Designelementen
Mit dem Ora 07 GT steigt GWM (Great Wall Motor) in Deutschland in das Segment der sportlichen Mittelklasse-Limousinen ein. Nach dem kompakten Ora 03 wagte sich der chinesische Hersteller im vergangenen Jahr an eine große, dynamische Fließhecklimousine – und das nicht ohne Selbstbewusstsein. Schon beim ersten Blick wird klar: Das Design hat man sich nicht neu ausgedacht, sondern aus dem Besten europäischer Marken zusammengemischt. Porsche Panamera? Ja. Bentley? Ja. AMG-Interieur? Eindeutig. Selbst ein Hauch Porsche Boxster steckt in den Instrumenten. Ein stilistischer Flickenteppich also – aber einer, der durchaus ansprechend wirkt. Trotz dieser Vorzüge bringt das Modell auch klare Schwächen mit, die seine Marktchancen in Deutschland deutlich schmälern könnten. Fahrbericht der rund 53.000 Euro teuren Elektro-Limousine.
Antrieb & Fahrleistungen: Kraftvoll, aber nicht kompromisslos
Unter der Haube des Ora 07 GT arbeiten zwei permanent erregte Synchronmaschinen – je eine an Vorder- und Hinterachse. Zusammen leisten sie 300 kW (408 PS) und liefern ein maximales Drehmoment von 680 Nm. Damit geht es in nur 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 180 km/h. Die beiden günstigeren Varianten – Pure und Pro – verfügen über einen Frontantrieb mit einer einzelnen PSM-Maschine, leisten 204 PS (150 kW) und werden von einer kleineren 67-kWh-Batterie gespeist. Alle Varianten basieren auf einer 400-Volt-Architektur.
Die Energie liefert ein 86-kWh-Akku (netto 83,5 kWh), der eine WLTP-Reichweite von bis zu 520 Kilometern ermöglicht. Das Laden erfolgt mit bis zu 11 kW AC (drei Phasen) oder bis zu 88 kW DC. An einer Schnellladesäule benötigt der ORA 07 GT rund 43 Minuten, um den Akku von 10 auf 80 Prozent zu bringen. Das ist ein Manko: Denn in der Praxis sitzt man durchaus länger und wartet sehnsüchtig auf die 80-Prozent-Marke.

Die Reichweite ist hingegen solide: Bei zügiger Autobahnfahrt (140–150 km/h) lag der Testverbrauch bei rund 19,5 kWh/100 km. Unter realistischen Bedingungen sind so 350 bis 380 Kilometer ohne Nachladen möglich. Bei moderater Fahrweise lässt sich die Reichweite weiter steigern.
Fahreindruck: Beeindruckende Leistung, unausgereiftes Fahrwerk
Auf dem Papier ist der Ora 07 GT eine ernsthafte Alternative zu etablierten Elektro-Limousinen. Auf der Straße zeigt sich jedoch, dass die Abstimmung noch nicht auf europäischem Niveau ist: Das Fahrwerk wirkt zu weich und zu passiv, die Dämpfung ist unpräzise, und in bestimmten Fahrsituationen – vor allem bei schnellen Lastwechseln – kann das Fahrzeug tatsächlich auch unberechenbar reagieren. In einem sportlich positionierten Topmodell ist das ein gravierender Makel.


Die Lenkung arbeitet leichtgängig, bietet aber wenig Rückmeldung. Bei moderater Fahrweise und im Komfortmodus lässt sich der Ora 07 GT angenehm und entspannt bewegen, doch wer die 408 PS wirklich nutzen möchte, wünscht sich mehr Fahrwerkskompetenz.
Fahrmodi wie „Komfort“, „Sport“ oder „Sport Plus“ verändern vor allem Gasannahme, Lenkunterstützung und virtuelle Fahrgeräusche. Letztere reichen von „Mehrzylinder“-Sound bis zu künstlichen Rennwagenklängen – ein verspieltes Feature, das – vorsichtig ausgedrückt – nicht jeden Geschmack trifft.
Design: Bekannte Linien, neuer Absender
Der Ora 07 GT zieht Aufmerksamkeit auf sich – nicht zuletzt wegen seiner Ähnlichkeit zu etablierten europäischen Modellen. Elemente erinnern an den Porsche Panamera, Bentley-Details finden sich am Heck, und auch Anleihen an Mini sind erkennbar. Das gilt sowohl für die Silhouette als auch für die Lichtsignatur. In China ist diese Formensprache nicht unüblich – während Marken wie Nio eigene Designsprache entwickeln, setzen andere Hersteller bewusst auf optische Nähe zu Premiummodellen.
Zu den markanten Designelementen zählen ein automatisch ausfahrender Heckspoiler, große 19-Zoll-Alufelgen mit innenbelüfteten Scheibenbremsen (rote Bremssättel vorne), sowie eine coupéartige Dachlinie. LED-Scheinwerfer gehören zur Serienausstattung, Matrix-Technologie ist jedoch nicht verfügbar.

Von vorn fällt sofort die markante Front mit den runden LED-Scheinwerfern auf, ein Markenzeichen der Ora-Modelle. Die rahmenlosen Fenster (vorne doppelt verglast), flächenbündigen Türgriffe und der langgezogene Dachbogen lassen die knapp fünf Meter lange Limousine gestreckt und edel wirken. Das Panorama-Glasdach zieht sich bis ins Heck und sorgt für viel Licht im Innenraum.

Von hinten wirkt der ORA 07 GT fast schon zu europäisch. Wer den Wagen aus der Ferne sieht, könnte ihn für ein Produkt aus Stuttgart oder Zuffenhausen halten. Die Lackfarben reichen von klassischem Snow White bis zu auffälligem DreamScape Purple.
Innenraum: Viel Premium-Optik, Detailtreue im AMG-Stil
Der Innenraum wirkt auf den ersten Blick hochwertig. Weiche Kunstlederflächen, ein großzügiges Panoramaglasdach und ein moderner, von Ambientebeleuchtung durchzogener Innenraum prägen den ersten Eindruck. Das Raumgefühl profitiert vom weitläufigen Glasdach, das bis in den Fond reicht. Beim genaueren Hinsehen offenbaren sich jedoch Unterschiede zu europäischen Premiumfahrzeugen: Sämtliche Lederflächen bestehen aus Kunstleder, Metallteile sind teils nur optisch angedeutet. Verarbeitungsqualität und Haptik bewegen sich im soliden, aber nicht herausragenden Bereich.

Die Platzverhältnisse im Fond sind sehr gut, auch bei weit zurückgestelltem Fahrersitz. Der Kofferraum fasst etwa 333–340 Liter und ist damit für eine Limousine dieser Größe eher klein. Die Ladeöffnung ist eingeschränkt, da keine große Heckklappe wie bei einem Shooting Brake oder Fastback vorhanden ist.


Das 10,25-Zoll-Digitalcockpit und der 12,3-Zoll-Multimediascreen liefern gestochen scharfe Darstellungen. Die Sprachsteuerung versteht komplexe Befehle und kann sogar individuelle Ausdrücke lernen. Das Platzangebot ist großzügig, die Sitze bieten guten Seitenhalt und sind in der GT-Version beheizt (vorn und außen hinten), belüftet und mit Massagefunktion ausgestattet. Ein Soundsystem mit elf Lautsprechern sorgt für eine Klangkulisse, die in dieser Fahrzeugklasse beeindruckt.

Das zentrale Infotainmentsystem bietet zahlreiche Funktionen und lässt sich teils umfangreich konfigurieren. Die Menüstruktur ist jedoch verschachtelt und verlangt oft mehrere Bedienschritte. Sprachsteuerung steht zur Verfügung, deckt aber nicht alle Funktionen ab.

Ein Head-up-Display, kabelloses Laden, umfangreiche Fahrassistenzsysteme sowie eine Massagefunktion für Fahrer- und Beifahrersitz sind serienmäßig. Die Soundanlage von Infinity mit elf Lautsprechern plus Subwoofer erfüllt Alltagsansprüche, audiophile Hörer werden jedoch nicht voll zufrieden sein.
Ein besonderes, aber umstrittenes Ausstattungsdetail ist das Fahrerüberwachungssystem: Es überwacht permanent die Blickrichtung und warnt sehr frühzeitig. Diese Funktion kann zwar deaktiviert werden, muss jedoch nach jedem Neustart teils neu im Menü abgeschaltet werden. Für europäische Fahrer wirkt diese Art der Bevormundung ungewohnt und störend.

Kofferraumvolumen und Praktikabilität
Mit 4,87 Metern Länge und 333 bis 1.045 Litern Kofferraumvolumen bietet der Ora 07 GT reichlich Platz für Familie und Gepäck. Die Rücksitzbank lässt sich umklappen, wodurch ein ebener Ladeboden entsteht. Die Öffnung der sensorgesteuerten Heckklappe per Fußbewegung ist praktisch.

Technik & Sicherheit: Umfangreich und modern

Der Ora 07 GT ist serienmäßig mit einem umfangreichen L2+-Assistenzpaket ausgestattet. Dazu gehören unter anderem adaptiver Tempomat, Spurhalteassistent, Autobahnassistent mit automatischem Spurwechsel, Totwinkelwarner, Querverkehrswarner und Notbremsassistent. Auch im Parkalltag unterstützt die Limousine umfassend: 360-Grad-Kamera, automatischer Parkassistent, Rückfahrassistent bis 50 Meter und Ausstiegswarner gehören zur Serienausstattung der GT-Version.
Kameras sind rund um das Fahrzeug verteilt, inklusive Front-, Heck- und Spiegelkameras. Eine Besonderheit: Beim Einparken wird der exakte Abstand zum Hindernis in Zentimetern angezeigt. Auch 360-Grad-Ansichten sind verfügbar.
Im Test traten allerdings Probleme bei der GPS-Ortung auf: Sowohl das fest installierte Navigationssystem als auch per Smartphone verbundene Navigations-Apps verloren zeitweise das Signal. Dieses Verhalten trat mit unterschiedlichen Smartphones und Netzen auf – eine klare Ursache ließ sich nicht ermitteln.

Markteinschätzung und Ausblick
In Deutschland kostet der GWM Ora 07 GT aktuell rund 54.000 Euro. Die Pure- und Pro-Varianten beginnen bei etwa 41.000 bis 42.000 Euro. Importeur ist die Emil Frey Gruppe, die viele GWM-Modelle vertreibt. Angesichts der Import- und Vertriebsmargen sowie der Produktionskosten sind diese Preise nur durch starke Subventionen seitens der chinesischen Hersteller möglich.
Langfristig ist davon auszugehen, dass die Preise steigen – vor allem, wenn staatliche Unterstützungen in China reduziert werden. Schon jetzt sind die Zulassungszahlen in Deutschland sehr gering, die europäische Zentrale von GWM wurde geschlossen, und die Steuerung erfolgt wieder direkt aus China. Dies erschwert eine marktorientierte Anpassung an europäische Kundenbedürfnisse.


Fazit zum GWM Ora 07 GT (2025)
Der Ora 07 GT hat zweifellos Stärken: Er bietet ein auffälliges Design, eine solide Reichweite, gute Effizienz und viel Ausstattung fürs Geld. Dennoch gibt es gravierende Herausforderungen:
- Ladegeschwindigkeit: Im Vergleich zu Mitbewerbern deutlich langsamer
- Fahrwerksabstimmung: Zu weich und wenig präzise für dynamische Fahrer
- Assistenzsysteme: Teilweise übergriffig und nicht intuitiv konfigurierbar
- Marktstrategie: Fehlende lokale Anpassung und geringe Serviceinfrastruktur
Ein Facelift erscheint wahrscheinlich, um auf Kritikpunkte zu reagieren. Dennoch bleibt fraglich, ob sich GWM mit diesem Modell auf dem deutschen Markt etablieren kann. Das Segment ist hart umkämpft, und etablierte Hersteller bieten mittlerweile ebenfalls attraktive E-Limousinen mit besserer Ladeperformance und stärkerer Markenbindung.

Wer vor allem eine komfortable, gut ausgestattete und reichweitenstarke Elektro-Limousine sucht, wird mit dem Ora 07 GT glücklich. Sportlich ambitionierte Fahrer dürften jedoch von der Fahrdynamik enttäuscht sein. Unterm Strich ist der Ora 07 GT ein spannender Newcomer, der zeigt, wie nah chinesische Hersteller am Premium-Segment sind – aber eben noch nicht ganz auf Augenhöhe.
Für Käufer, die Wert auf Design, Komfort und Preis-Leistungs-Verhältnis legen und selten lange Strecken am Stück fahren, kann der Ora 07 GT eine interessante Alternative sein. Für Vielfahrer mit hohen Ansprüchen an Ladegeschwindigkeit und Fahrdynamik ist er derzeit nur bedingt geeignet.
Technische Daten GWM ORA 07 GT (2025)
Technische Daten GWM ORA 07 GT (2025) | |
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Antrieb | Allrad, 2x permanenterregter Synchronmotor |
Max. Leistung | 300 kW (408 PS) |
Max. Drehmoment | 680 Nm |
Batterie (netto/brutto) | 83,5 / 86 kWh, ternäres Lithium |
Reichweite (WLTP) | bis 520 km (ca. 360 Km im Testbetrieb) |
0-100 km/h | 4,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
AC-Ladeleistung | 11 kW (3-phasig, Typ 2) |
DC-Ladeleistung | 88 kW (CCS) (im Test max. 79 kW) |
Ladezeit AC 0-100 % | ca. 8,6 h |
Ladezeit DC 10-80 % | ca. 43 min |
Länge/Breite/Höhe | 4.871 / 1.862 / 1.500 mm |
Radstand | 2.870 mm |
Kofferraum | 333 – 1.045 l |
Leergewicht | 2.210 kg |
Zulässiges Gesamtgewicht | 2.560 kg |
Zuladung | 350 kg |
Reifengröße | 235/45 R19 |
Preis (UVP) | ab 53.490 € (GT-Version) |

