Porsche 911 Carrera S (991.2) im Test: Käpt’n Leichtfuß

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Garnicht einmal so neu, die neue Generation Neunelfer: im Dezember 2015 sprintete der neue Porsche 911 Carrera in vier Varianten erstmals zu den deutschen Händlern. Wir hatten ihn nun aber zum ersten Mal, den pfeiffenden und zugleich unerwartet pfiffigen Sport-Käfer, der noch mehr Rennsport-Gene in sich trägt, als sein lauterer Vorgänger. Überrascht? Wir auch.

Der perfekte Spaß! – der perfekte Spaß?

Vorausgesetzt Spaß kann Perfektion in glasklarer Reinheit überhaupt dulden – denn das muss jener bei der neuen Generation 911 zwangsläufig.

Galerie: Porsche 911 Carrera S im Fahrbericht

Porsche 911 Carrera S im Fahrbericht
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Keine Ecken und Kanten, das Fahren wie auf Schienen, die Karosserie eine Einheit, das Interieur grundsolide und der Motor ein ökonomisch arbeitendes Kraftwerk – ausgelegt für Höchstleistungen.

Dass diese Beschreibung unter Beachtung und Interpretation mancher Metaphern nicht nur auf den neuen Porsche 911 Carrera S passt, sondern auch für den perfekten Manager-Typus, ist weder negativ noch positiv; es schafft jedoch erst einmal keine Emotion und erscheint auswechselbar.

Erstaunlicherweise ist es das aber keinesfalls: Es macht Spaß, diese Perfektion. Alois Ruf, der weltbekannte Porsche-Veredeler der gleichnamigen Schmiede aus dem Allgäu sagte einmal: “Fahren Sie mal einen der ersten Porsche 911 – besser noch den 901, dann wissen Sie, wie sich Leichtfüßigkeit anfühlt. Heute haben Sie dies nicht mehr.”

Man muss alles in die Verhältnismäßigkeit der jeweiligen Zeit setzen. Und so auch die Autos: heute ist es nun einmal nicht mehr möglich, Großserienfahrzeuge (worunter der 911 ja fällt) unter eine Tonne Gewicht zu bringen. Sicherheits- und Komfortausstattung sowie rechtliche Rahmenbedingungen lassen dies nicht mehr zu.

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Mehr Dynamik hatte ein 911 GT3 vor ein paar Jahren auch nicht … Beeindruckend!

20 Kilogramm schwerer als sein Vorgänger – ja und!

Und obwohl die zweite Generation des 991 um 20 Kilogramm schwerer geworden ist, spürt man eher 200 Kilogramm weniger als beim Vorgänger. Klingt unlogisch? Irgendwie schon, aber die Kurven-Performance – mit Hinterachslenkung (2.249,10 Euro) und adaptivem Sportfahrwerk (4.034,10 Euro) – signalisiert dem menschlichen Gehirn fälschlicherweise einen federleichten Untersatz, der dieser mit 1.460 Kilogramm laut DIN-Norm und mit Doppelkupplungsgetriebe eigentlich nicht ist.

Die Spitzkehre der legendären Solitude-Rennstrecke fühlt sich hinter der hochpräzisen Lenkeinheit an, als würde man vom Sitz umschlossen sein, so eine Einheit bilden, und die nach Außen treibende Kraft vollkommen fehlen. Ein angenehmes und dezentes Treiben des Hecks wird gekonnt und souverän geduldet – aber nur so lange, bis es der Performance nicht schadet. Man will ja schnell und perfekt durch die Kurve kommen.

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Beispiellose Verzögerung trägt einen Namen: Keramik. Und hat einen (Auf)Preis: 8.508,50 Euro.

Und das kommt man auch – nicht zuletzt aufgrund der neuen Motorengeneration: 420 PS und 500 Nm Drehmoment warten im Heck nun darauf, konstant (ab 1.700 U/min) abgerufen zu werden. Bei hohen Drehzahlen ertönt ein Sirren, das einem GT3 Cup-Rennwagen in etwa ähnlich ist. Nur sind es bei der Straßenversion die Turbolader; beim Rennfahrzeug eher die Zahnräder des Getriebes.

Von 0 auf 100 Km/h? Schnell genug: 3,9 Sekunden. Wer beim Überholvorgang noch mehr Leistung haben will, kann den Sport-Response-Button am Lenkrad drücken. Für exakt 20 Sekunden stellt sich der Carrera dann auf Stealth-Mode.

Mittige Sportabgasanlage nicht mehr so laut

Am Heck hat sich – neben den neuen Motoren – allgemein am meisten getan: noch weniger Sichtmotor, schärfere Rücklichter in dreidimensionaler Form, ein in mit schwarz Hochglanz parallelen Streben verzierter Motordeckel sowie eine neue Endrohr-Philosophie.

Bisher waren die Endrohre des Carrera S und des Carrera symmetrisch an den Außenseiten des unteren Heckbereichss positioniert – beim S-Modell doppelflutig, beim normalen Modell einflutig. Die Sportabgasanlage – die mehr Lärm macht und eigentlich Pflicht für jeden neuen Porsche 911 Carrera ist – unterschied sich nur dezent an der Endrohr-Optik vom Serien-Auspuff.

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Ordentlich Lärm – so wie bei der ersten Generation des 991 macht sie leider nicht mehr.

Bei der neuesten Generation hat die neue Anlage ein ganz neues Gesicht: zwei Endrohre in der Mitte – mit einem leichten Abstand. Ganz gleich ob bei Carrera oder Carrera S: die Optik ist immer die selbe. So kann man ganz schnell sehen ob jemand bereit war, die 2.606,10 Euro Aufpreis in halbwegs guten Sound zu investieren.

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Neu gestalteter und schöner Motordeckel mit in Schwarz Hochglanz parallel gestalteten Streben.

Sitzen und Schalten wie in einem Rennwagen – endlich!

Nicht nur die neuen und über 20 PS mehr Leistung verfügenden 3.0 Liter BiTurbo-Motoren mit Rennwagen-ähnlichem Sirren vermitteln einem mehr Rennwagen, sondern vielmehr die Sitzposition, das neue Lenkrad im 918 Spyder-Design sowie die anpassbaren technischen Raffinessen, wie beispielsweise das adaptive Sportfahrwerk oder das Sport-Chrono-Paket mit einstellbaren Fahrmodi.

Noch nie war bei einem Porsche 911 Carrera S der Unterschied zwischen Komfort und Sportwagen-Feeling so groß, wie jetzt. Möglich machen dies tatsächlich die verschiedenen (optionalen) (fahr)technischen Systeme.

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Neues Multimedia-System mit angepasstem Design

Serienmäßig in den neuen 911 Carrera-Modellen ist das neu entwickelte Porsche Communication Management System inklusive Online-Navigationsmodul und Sprachbedienung. Wie auf einem Smartphone kann man es mit Multitouch-Gesten auf dem Sieben-Zoll-Bildschirm bedienen. So ist zum Beispiel auch die Eingabe per Handschrift möglich.

Mobiltelefone und Smartphones lassen sich nun auch per WLAN verbinden. Apple CarPlay ist ebenfalls mit an Bord.

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Wer erkennt den kleinen Fiat 500C im Bild der Rückfahrkamera? War ja nicht so schwer. Jedenfalls hat das System mehr Schärfe und Brillianz in seiner Darstellung.

Teures Unterfangen

Man sieht es an den Preisen der zusätzlich bestellbaren Optionen: Günstig wird ein Porsche Carrera S nicht werden – auch wenn er schon 110.000 Euro kostet. Wenn sogar die Sitzheizung kostet, ist klar: mindestens 130.000 Euro werden für einen schönen Top-Elfer fällig.

Benjamin Brodbeck

Benjamin Brodbeck ist 33 Jahre alt und studierte Automobilwirtschaft bei Prof. Dr. Diez. Danach wechselte er an die Universität Wien, wo er Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studierte und mit dem akademischen Grad 'Magister der Philosophie' abschloss. Neben seiner Tätigkeit als Jazz-Pianist bringt er seine Leidenschaft für und sein Wissen von Automobilen in Form und Sprache als Publizist bei AUTOmativ.de sowie zahlreichen weiteren Plattformen und Unternehmen zum Ausdruck.

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