Ist der neue Audi S4 TDI Avant der beste Alltagssportler? – Erfahrungsbericht

Heutzutage ist die Suche nach dem Traumwagen fast vergleichbar mit der Partnersuche. Unsere Anforderungen an ein Auto steigen stetig, die Individualisierungsmöglichkeiten der Modelle und die dazugehörige Pressearbeit der einzelnen Hersteller reizen mit einem “Lebensgefühl”. Wir könnten also mit jedem fahrenden Individuum die richtige – oder auch die falsche – Wahl treffen. Als eingefleischter Audi-Fan habe ich mir einen neuen S4 Avant ausgesucht. Ob ich zufrieden bin?

Nick Flade ist Live- und Studio-Musiker, Produzent und Komponist.mIn seinem 84er STUDIO wird Musik entwickelt, aufgenommen und finalisiert. Er studierte Jazz-Piano in Würzburg und München. Seit seinem 16. Lebensjahr ist er als Live- und Studiomusiker sprichwörtlich “on the road” und hat über die Jahre seinen eigenen Sound entwickelt, wo er meist auf Equipment und Keyboards der Vintage-Ära zurückgreift. Für die AUTOmativ-Redaktion veröffentlicht Nick diesen Gastbeitrag.

Problem: Jedes Auto sollte alles können

Viel Leistung, aber günstig im Verbrauch, Größe – jedoch auch Variabilität, Sportlichkeit aber mit jedem erdenklichen Komfort. Ein gewisser Status, ein tolles Design, die neuesten Innovationen: Alles sollte im Idealfall vorhanden sein. Das ultimative Komplettpaket!

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Wenn man früher im Schnee durch die Berge musste hat man sich für eine Mercedes G-Klasse mit Benzin-Saugmotor entschieden. Das Auto fuhr 130 km/h Spitze und hat um die 30 Sekunden aus dem Stand auf 100 Km/h gebraucht. Aber egal – damit war man 10 Jahre zufrieden, weil er genau das zuverlässig macht, was er sollte: einfach immer ankommen. Egal wo.

Heute muss der SUV möglichst 250 Km/h fahren können, dazu leise sein und bitte nicht all zu viel verbrauchen. Offroadqualitäten hingegen sind fast schon egal. Auf der anderen Seite wollen wir heute einen 911er erleben, mit dem man aber bitte auch mal problemlos und komfortabel 6 Stunden am Stück fahren und nebenbei noch seine Telefonate erledigen können sollte. Klar geht das mit unseren heutigen Möglichkeiten. Aber ist das noch so einzigartig?

Über die Einzigartigkeit der Automobile

Wollte man früher schnell fahren, hat man zu einem Auto gegriffen, das auch für’s Schnellfahren konzipiert wurde. Man musste diese Autos kennen und beherrschen. Sie waren keine fahrbaren Kompromisse, sondern Autos, die durch Charakter, Zickereien und Seele tatsächlich überzeugten, Spaß machten und uns immer ein Grinsen in’s Gesicht zauberten.

Mein Bruder ist Kraftfahrzeug-Meister und brachte zum Beispiel nach der Arbeit Autos nach Hause, die brutal waren. Wer als 11-jähriger einen Fiat Coupé Turbo mit Fünfzylinder in Aktion erlebt, wird geprägt für’s Leben.

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Das Cockpit des neuen Audi S4 ist sportlich – und zugleich komfortabel.

Also: War früher alles besser? Ich bin zwiegespalten. Heute bin ich Familienvater, Berufsmusiker und fahre in meiner Freizeit zum Mountainbiken und reise mit der Familie am liebsten mit dem Auto in den Urlaub.

Ich bin ein absoluter Vielfahrer

Ich verbringe circa 80 Stunden im Monat im Auto – bzw. fahre etwa 80.000 Kilometer im Jahr. Natürlich möchte ich komfortabel reisen, dabei aber auch möglichst viel von meinem Auto spüren. Daher stecke ich genau in dieser oben genannten Bredouille.

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Ich komme glücklicherweise alle 6 Monate in den Genuss, mir einen Dienstwagen von Audi konfigurieren zu können und habe in den letzten vier Jahren bisher neun Autos auf meine persönlichen Ansprüche geprüft: Ich fuhr bislang A4 Avant (4- und 6-Zylinder Diesel) von 190 bis 272 PS, A6, A7, RS4 – und nun meinen lang erwarteten S4 TDI, den ich vor ein paar Wochen abholte.

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Verwundert war ich, dass Audi nach dem SQ5 TDI nicht auch schon eher das Triebwerk in andere Baureihen einsetzt. Denn ganz im Ernst: das Fahrzeug ist sehr gut, fast schon zu perfekt abgestimmt. Es ist wahnsinnig schnell und der Verbrauch ist jetzt nach 3.000 Kilometern im Schnitt bei 7,8l/100km (inklusive zügiger Fahrt von Memmingen nach Berlin und zurück).

Ich war selbst erschrocken über die Ernsthaftigkeit von Tempo und Geschwindigkeit in Verbund mit dem Quattro und dem Handling. Ein 911 muss über’s Mittelgebirge definitiv viel Arbeiten für die gleiche Performance.

Kindheitstraum Audi RS4 – aber

Mit dem RS4 habe ich mir letztes Jahr einen Kindheitstraum erfüllt. Die reinen Fahrqualitäten waren phänomenal. Die Spritkosten stiegen natürlich von den üblichen 400 Euro im Monat auf 750 Euro im Monat. Da war für mich dann das Spaß-Plus gegenüber dem 3,0l-Diesel nicht stark genug, da berufsbedingt eher die Längsdynamik entscheidet, als das Serpentinenjagen.

Das Schöne bei den S-Modellen ist die Kombination aus viel Leistung und Understatement. Du magst ja beim Kindergarten nicht unnötig auffallen, auf der Autobahn aber schon einmal zügig oder entspannt sehr zügig vorankommen. Das kriegst du nach wie vor. Du machst die Tür auf, setzt dich rein und merkst beim Anlassen schon das leichte Upgrade gegenüber dem vorherigen 3,0 TDI. Somit mission completed. Durch den Soundgenerator klingt’s auch im Comfort-Modus schon fetter.

Also dann doch Audi S4

Auf den ersten Metern merkt man sofort: Lenkung und Fahrwerksabstimmung sind deutlich Richtung Sport getrimmt. Das erste Mal aus der 50’er-Zone raus und es bringt dich unerwartet schnell en passant auf 120 Km/h. Vorher hatte ich das selbe nur in Verbund mit Turbo-/ und oder Drehzahlgedöhns erfahren. Beim Langsamfahren genieße ich alleine das Bewusstsein, dass der Wagen sofort die Bindung anlegen und zubeißen kann.

Das wahre Potential eröffnet sich auf der Autobahn, wo du gefühlt immer noch Reserven hast, obwohl sich die Fahrbahn bergauf schlängelt und du schon 210 Km/h auf dem Tacho hast.

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Tankt Diesel, der Audi S4 – trotz “Performance-Anspruch”

Somit macht der S4 TDI das Meiste genauso gut wie der 3-Liter Turbo-Benziner der letzten S4-Generation. Nur dass er nicht ganz so nett klingt und die Gasannahme nicht so direkt ist. Einmal auf Touren ist das jedoch gar nicht wild, dann warte halt eine Sekunde auf die 700 Nm Drehmoment und du wirst dann und allerspätestens an der Tanke grinsen, wenn die Reichweite sich wieder selbst übertroffen hat.

Für alle, die dem alten S4 als Benziner nachheulen: denen hätte ich auch schon letztes Jahr zum RS4 geraten, der ist nämlich um ein Vielfaches mehr Sport-Kombi, als es der S4 je war.

Und nebenbei: Ich bin den S4-Benziner im Schnitt mit 9,8l/100km und den RS4 mit „nur“ 10,4l/100km gefahren. Und dabei hatte der RS4 einfach von allem mehr zu bieten! Der S4 TDI rundet für mich das Leistungs-Highend Portfolio perfekt ab.

Und jetzt schmeiße ich meine 3 Keyboards und die Hardware für die nächste Show in den Kofferraum, packe das Mountainbike auf’s Dach, schnalle die Kinder auf die Rücksitzbank – gerne auch noch den Wohnwagen an die Anhängerkupplung – und freue mich trotz all dem auf die Autobahn. Und wenn ich dann nachts um 5:00 Uhr nach Hause komme, können die Nachbarn auch noch ungestört weiterschlafen.