Ratgeber Elektroautos: Ladegeschwindigkeit wichtiger als Ladeleistung

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Die Situation kennen wenige – noch: Minus 5 Grad, 25 Kilometer Restreichweite, Autobahn, Elektroauto. Alleine diese Schlüsselwörter reichen, um bei den meisten von uns akutes Unwohlsein aufzurufen. Wir verzichten bewusst auf die Addition “Stau voraus”, denn bei diesem Fall bewegen wir uns im Rahmen der Theorie – oder eben von einem verdammt negativen Karma-Punktekonto. Doch um nach einem Lade-Stopp wieder möglichst weit fahren zu können, kommt es nicht nur auf die Ladeleistung der sogenannten “Schnellladesäulen” an, sondern auch auf die Ladegeschwindigkeit insgesamt. Die ist nämlich deutlich wichtiger. Ein Überblick.

Schnelles Aufladen essentiell

Autohersteller betonen immer wieder, dass nach ihren eigenen Studien die meisten Ladevorgänge eines Elektroautos in der Regel zu Hause oder am Arbeitsplatz stattfinden. Der Faktor Zeit spiele dort meist keine maßgebliche Rolle. Alle Fahrer von Elektroautos, die unterwegs beim Einkaufen, an Raststätten oder beim Parken in der Stadt laden, bildeten die Minderheit.

Trotzdem betrifft diese Minderheit – absolut gesehen – viele Menschen. Und auf der Langstrecke bei über 400 Kilometern täglich zählt jede Minute. Schnelles Aufladen ist hier essentiell. Nach einer kurzen Pause sollte das Auto wieder bereit für die nächste Etappe sein.

Ladeleistung ist nicht alles

Viele Kunden orientieren sich daher an der maximalen Ladeleistung ihres Elektroautos, um die Ladeeigenschaften zu beurteilen. Doch dieser Wert ist nur bedingt aussagefähig, wenn es um das zügige Tanken von Reichweite an einer Schnellladesäule geht. Essenziell für eine kurze Ladedauer ist eine hohe Ladegeschwindigkeit (nachgeladene kWh / Minute) über den gesamten Ladevorgang. Sprich: Eine hohe Ladeleistung muss über einen möglichst langen Zeitraum anliegen.

Die Fähigkeit des HPC-Schnellladens (High-Power-Charging) mit möglichst hoher Leistung an der Ladesäule ist zwar eine notwendige Voraussetzung, aber nicht der alles entscheidende Faktor. Mindestens genauso wichtig ist die hohe Stromaufnahme der Batterie über einen weiten Bereich des Ladevorgangs. Das ist vergleichbar mit einer Motor-Drehmoment und -Leistungskurve: Je gleichförmiger und konstanter (auf hohem Niveau), desto angenehmer und besser für die Fahrdynamik.

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Die Ladekurve eines Audi e-tron beschreibt ganz gut das konstante Laden: Erst ab einem Ladezustand bei rund 75 Prozent fällt die Kurve ab. Bis dorthin wird konstant bei rund 140 kW geladen.

Lädt das Auto hingegen nur in einem vergleichsweise kleinen Fenster mit Höchstleistung und muss frühzeitig herunterregeln, nimmt damit gleichzeitig auch die Ladegeschwindigkeit ab – also der Zugewinn nachgeladener Batteriekapazität pro Zeiteinheit. Somit ist die Ladegeschwindigkeit durch eine ideale Ladekurve mit lange anliegender Höchstleistung für den Kunden das gewichtigere Kriterium in Sachen Ladeperformance und letztendlich der Garant für eine kurze Standzeit an der Ladesäule.

Benjamin Brodbeck

Benjamin Brodbeck ist 33 Jahre alt und studierte Automobilwirtschaft bei Prof. Dr. Diez. Danach wechselte er an die Universität Wien, wo er Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studierte und mit dem akademischen Grad 'Magister der Philosophie' abschloss. Neben seiner Tätigkeit als Jazz-Pianist bringt er seine Leidenschaft für und sein Wissen von Automobilen in Form und Sprache als Publizist bei AUTOmativ.de sowie zahlreichen weiteren Plattformen und Unternehmen zum Ausdruck.

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