Chiptuning ja, nein? Porsche Macan Turbo von RaceChip im Test

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Na, wird der RS3, Golf R oder Macan Turbo beim morgendlichen Brötchenholen mit der Zeit zu langweilig? Man hat ja tatsächlich die Angewohnheit, sich rasch an die Power von Fahrzeugen zu gewöhnen, die nicht selten mit mittleren dreistelligen Leistungswerten gesegnet sind. Als wir den Porsche Macan Diesel rund eine Woche und über 2.000 Kilometer auf der Mille Miglia fuhren, dachten wir uns auch: “so ein bisschen mehr Leistung wäre schon eine feine Sache.” Und das, obwohl die 258 PS und brachialen 580 Nm Drehmoment auf den Landstraßen ganz schön an den Rädern rissen. Nun, Chiptuning ist im Allgemeinen immer eine heikle Angelegenheit. Aufgrunddessen haben wir anhand des Macan Turbo von RaceChip und auf Basis unseres Vorberichts über das getunte Ungetüm einmal alles Wissenswerte zusammengetragen und ausprobiert, als auch in einem ausführlichen Video sowie in Textform veröffentlicht.

Genau so sollte das Wesen eines Porsche Macan Turbo sein!

Auch wenn der Leistungsabruf beim Macan Turbo nicht unglaublich spektakulär ist (wie beispielsweise in einem Alfa Romeo 4C), fühlt sich der Macan Turbo genau so an, wie man sich den Leistungsschub eines Macan mit dem Leistungszusatz “Turbo” auch vorstellt.

Galerie: Porsche Macan Turbo von RaceChip

Porsche Macan Turbo von RaceChip
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Porsche Macan Turbo von RaceChip

Noch drastischer formuliert: da wir bislang fast alle Motorisierungen des Macan gefahren sind, aber noch nie die Turbo-Version, hätten wir zugegebenermaßen nicht einmal gemerkt, dass ein Chip verbaut ist, sondern hätten die Leistungsentfaltung dem Serien-Niveau zugeschrieben.

Beim Ausbau des Chips war es – im Vergleich natürlich – schon ein wenig ernüchternd, wie zahm und brav der 3,6 Liter Turbo-Sechszylinder mit 400 PS voranschritt. Klar, das Gewicht spürt man natürlich beim Beschleunigen, da hilft auch kein KW-Fahrwerk, dessen Macher sich in den Federeinstellungen des Luftfahrwerks verewigt haben.

Das Unternehmen RaceChip hat am Standort Göppingen rund 90 Mitarbeiter und ist zusätzlich noch in München niedergelassen. Der Vertrieb der Chip-Boxen läuft weltweit über das Internet, als auch über ausgewählte oder freie Partner und Händlerbetriebe. Auch bei so manch (herstellergebundenem) Vertragshändler soll man unter der Hand schon eine Tuning-Box erhalten können.

Macan Turbo von RaceChip von 400 auf 480 PS

Die Software-Ingenieure und Programmierer haben beim Porsche Macan Turbo schon ganze Arbeit geleistet: 80 PS Leistung und 130 Nm mehr Drehmoment entlocken die Schwaben dem Motor. So verfügt der “gechippte” macan Turbo über 480 PS und 680 Nm Drehmoment.

Wenn man sich überlegt, dass ein heutiges Stadt-Auto zwischen 60 und 100 PS insgesamt verfügt, ist dies schon ganz schön beeindruckend. Bevor jetzt wieder die bösen E-Mails kommen: ja, wir wissen, dass der Honda Jazz 102 PS, und keine 80 PS hat. Zur Veranschaulichung als Symbol ist er trotzdem geeignet.

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Eine Leistungssteigerung mit fast so viel PS, die ein normaler Kleinwagen heutzutage insgesamt zur Verfügung hat

Große Unterschiede bei den Beschleunigungswerten

Neben der gefühlten Mehrleistung – vor allem durch deutlich schnellere Gangwechsel – konnten wir, wie wir in unserem obigen Videobeitrag schon herausgestellt hatten, bei der 0 auf 100 Km/h Beschleunigung im Durchschnitt eine Zeitdifferenz zwischen eingebautem und ausgebautem Chip von 0,3 Sekunden feststellen.

In der Durchzugsbeschleunigung – von 100 auf 150 Km/h – waren es sogar bis zu fast 0,5 Sekunden. Anbei die Messwerte, die wir mit der Hand stoppten und einen Mittelwert berechneten.

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Einfacher Selbsteinbau mit individueller Bedienungsanleitung

RaceChip empfiehlt den Selbsteinbau. Ginge auch überhaupt nicht anders, da die Göppinger keine Geschäfte und nur wenige offizielle physische (offline) Vertriebsstellen haben.

Anhand einer individuellen Anleitung wird der Chip am Rand des Motorraumes befestigt (meist mit Kabelbinder) und an zwei Stellen angesteckt. Mehr nicht – also ziemlich easy alles.

Es gibt auch noch zusätzlich die Möglichkeit, den RaceChip Ultimate, also den teuersten und leistungsfähigsten Chip der drei verfügbaren, mit dem Smartphone zu steuern. Steuern heißt in diesem Fall natürlich zu aktivieren und zu deaktivieren, eine Kaltstart-Phase einzustellen, in der keine Zusatz-Leistung aktiviert wird oder zwischen drei Fahrmodi zu wählen.

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Der Einbau des Chips erfolgt in Eigenregie – unter Zuhilfenahme einer individuellen Anleitung. Die Einbauzeit beträgt – je nach Fahrzeug und Erreichbarkeit der Steckverbindungen – zwischen zwei und zehn Minuten. Beim Einbau kaputtgehen kann nichts. Wer die Steckverbindungen vertauscht bekommt entweder Fehlermeldungen oder deutlich weniger Leistung.

Was spricht denn jetzt eigentlich für und was spricht gegen einen solchen Chip von RaceChip?

Die Chips von RaceChip greifen nicht direkt in die Motorsteuerungs-Software des Herstellers ein, sondern verändern mittels Überlagerung gezielt Kennwerte der Serien-Steuerung. Um ein Fahrzeug an einen Chip anzulernen und darauf abzustimmen, benötigen die Techniker der Tuning-Firma rund zwei bis drei Tage; eine Zeit, über die Veredeler wie beispielsweise TechArt oder Ruf selbstverständlich nur müde lächeln können.

Denn um eine Motorsteuerung eines Herstellers heutzutage zu entschlüsseln, umzuprogrammieren, dann Prüfstands- und Dauerläufe zu fahren, dauert es schon mehrere Monate. Und dementsprechend liegt man dann auch in einer ganz anderen Preisklasse: zwei- bis viertausend Euro sind hier normal.

Doch die Box für 480 Euro (beim Macan Turbo kostet sie 699 Euro) zeigt Wirkung – auch auf dem Prüfstand entsteht ein aussagekräftiges und vernünftiges Leistungsdiagramm. Zwar werten die “teuren” Leistungsteigerungen deutlich mehr Kennzahlen aus und gehen mit den Werten, die vom Motor als Rückmeldung kommen, sensibler um, doch es geht letztlich immer um den Benutzer, um den Fahrer und seinen Umgang mit dem Auto und dem Motor selbst. Das haben wir in obigem Video ausführlich erläutert.

Leistungskurve Porsche Macan Turbo von RaceChip - Chiptuning ja, nein? Porsche Macan Turbo von RaceChip im Test
Leistungskurve Porsche Macan Turbo von RaceChip

Garantieabdeckung bei RaceChip

Selbstverständlich können Motoren bei solch einem Leistungsabruf Schaden nehmen. Dessen ist sich RaceChip auch mehr als bewusst. Und gerade weil die Göppinger niemals müde werden zu betonen, dass sie sich innerhalb der Leistungsreserven bewegen und die Motoren diesen Leistungsabruf vertragen, gibt RaceChip in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Motorgarantie auf die wichtigsten Komponenten im Antriebsstrang, wie:

  • Ansaugkrümmer
  • Antriebswellen
  • alle mit dem Ölkreislauf in Verbindung stehenden Motor-Innenteile
  • Getriebe (Ausnahme: die in das Getriebe integrierten Kupplungen und Kupplungsteile)
  • Kardanwellen
  • Kardanwellenlager
  • Kolben
  • Kurbelgehäuse
  • Kurbelwelle
  • Kurbelwellenrad
  • Motorblock
  • Ventile
  • Ventilführung
  • Zylinderkopf
  • Laufbuchsen
  • Nockenwellen
  • Nockenwellenräder
  • Ölwanne
  • Pleuel
  • Turbolader

Ab dem Zeitpunkt des Einbaus erlischt in der Regel (und offiziell) die Herstellergarantie. Wie man das im Einzelfall löst, bleibt jedem selbst überlassen, denn der Chip hinterlässt keine Spuren.

Doch rechtlich übernimmt ab diesem Punkt – bis 5 Jahre nach Erstzulassung und 100.000 Km Laufleistung des Fahrzeugs – RaceChip die Verantwortung über seine Leistungssteigerung und übernimmt bis zu 5.000 Euro im Schadensfall. Es gibt keinen Abzug einer Selbstbeteiligung. Bei dem Ultimate-Chip, also der höchsten Ausbaustufe für 480 Euro, ist eine zweijährige Garantie inklusive, beim darunter liegenden Chip gibt es ein Jahr inklusive.

Im Schadensfall wird der Motor von einem unabhängigen Gutachter überprüft. Laut eigenen Aussagen sei RaceChip in einem solchen Fall – der natürlich weltweit regelmäßig vorkomme, aber die Anzahl dieser Fälle überschaubar bleibe – sehr kulant. Denn es bringe nichts, sich in der heutigen Zeit mit Social Media in der Schadensabwicklung stur zu geben – der nächste Shitstorm wäre vorprogrammiert.

Fast alle Motoren mit einem Turbolader – und nicht nur primär mit dem Ziel der Leistungssteigerung

Als wir den Macan abholten und auf dem Hof standen, begegnete uns ein älterer Herr, der mit seinem ebenfalls schon älteren Hyundai Kombi seinen bestellten RaceChip abholte. Das war anfangs überhaupt nicht so klar, denn wir hatten ihn, als er auf dem Kundenparkplatz von RaceChip parkte, schon insgeheim als Falschparker abgestempelt.

Doch ein paar Minuten später beobachteten wir, wie er innerhalb von ein paar Minuten selber den Chip an seinen Motor anschloss. Dies zeigt: Chiptuning ist nicht nur etwas für junge verrückte Leistungsfanatiker, sondern auch ein Produkt für alle Autofahrer, die einfach ein bisschen mehr Power haben möchten, um beispielsweise früher in niedrigere Drehzahlen zu kommen und so ein bisschen ihren Verbrauch optimieren können.

Benjamin Brodbeck

Benjamin Brodbeck ist 33 Jahre alt und studierte Automobilwirtschaft bei Prof. Dr. Diez. Danach wechselte er an die Universität Wien, wo er Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studierte und mit dem akademischen Grad 'Magister der Philosophie' abschloss. Neben seiner Tätigkeit als Jazz-Pianist bringt er seine Leidenschaft für und sein Wissen von Automobilen in Form und Sprache als Publizist bei AUTOmativ.de sowie zahlreichen weiteren Plattformen und Unternehmen zum Ausdruck.

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