Porsche Macan Diesel S: Der rassige Tiger mit dem Asphalt-Magneten.

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Eng, uneben, viele Schlaglöcher: in 4 Tagen musste das vermeintliche Lifestyle-Vehikel von Porsche 2.000 Kilometer auf italienischen Landstraßen hinter rund 450 Oldtimern unter „Mille-Miglia-Zeitdruck“ und demzufolge mit hohen Geschwindigkeiten absolvieren und überraschte mit seinen Fähigkeiten. Im Grenzbereich ist die erwartete technische Ähnlichkeit des Porsche Macan S Diesel zum Konzernbruder Audi Q5 nicht mehr spürbar.

Mehr als nur schöner Lifestyle: Das Kurvengenie.

Eine von Grund auf neue Fahrwerksentwicklung so wie ein eigens definierter und konstruierter Allradantrieb machen ein unverwechselbares Kurvenverhalten möglich. Es hat sich also gelohnt, dass Porsche die Quattro-Technik von Audi über Bord geworfen hat, denn damit besitzt der kleine Cayenne auf unebenen Straßen erstaunlicherweise fast bessere Kurveneigenschaften als ein Allrad-911 der vorigen Generation.

Galerie: Porsche Macan S Diesel in Italien

Porsche Macan S Diesel in Italien
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Als Media-Begleitfahrzeug der Mille Miglia – fortwährend auf der Suche nach den schönsten Motiven – fährt man mit erhöhten und in Italien auf keinen Fall alltäglichen Geschwindigkeiten (milde beschrieben) mit den Teilnehmern mit; lässt sich entweder zurückfallen oder versucht, wieder an die Spitze des Feldes zu gelangen. Bei diesen gewagten Manövern muss man sich zu hundert Prozent auf sein Fahrzeug verlassen können (damit nicht das passiert, was einem 300 SL der Familie Sixt aus München widerfahren ist).

Auf einen Porsche Macan kann man sich nicht nur verlassen. Denn perfekte Balance, völlige Fahrstabilität, Souveränität und gewaltige Kräfte an jedem Rad bilden die Grundlage für eine Fahrt, bei der selbst die Reifen sich nicht trauen, überflüssige Laute von sich zu geben.

Die Mittelarmlehne im Fond ist grauenhaft. Und warum sind Glühbirnen in den Leselampen?

Das Interieur von Porsche ist mittlerweile zu einem der attraktivsten und hochwertigsten Cockpits aller etablierten Hersteller geworden. Die ansteigende Mittelkonsole mit klar definierten Tasten und einem Wähl- oder Schalthebel, der sich aufgrund von kürzeren und unkomplizierten Wegen auf gleicher Höhe mit dem Lenkrad befindet und so zu besserer Ergonomie führt, das wunderschöne neue Multifunktions-Sportlenkrad – optisch angelehnt an die 918-Spyder-Lenkeinheit – die übersichtliche und informative Anzeige- und Schalttafel sowie die filigranen Sitze steigern den Wohlfühlfaktor immens.

Doch an manchen Stellen kann sich der große Volkswagen-Konzern einfach nicht verstecken: für längere Strecken muss man sich für die Passagiere im Fond wirklich außergewöhnlich gute Witze einfallen lassen, um sie von der mäßigen Sitzqualität, den vielen Kunststoffteilen an zu offensichtlichen Stellen, der nicht ausreichend schnellen Belüftung an heißen Sommertagen, einer knapp kalkulierten Kopf- und Beinfreiheit sowie einer mangelnden Ausleuchtung bei Nacht mittels kleinen Glühbirnen (!) abzulenken.

Zu alldem kommt eine Mittelarmlehne, die so fragwürdig konzipiert ist, dass niemand seinen Arm auch nur für ein paar Sekunden freiwillig darauf abstützen möchte. Denn der aus Hartplastik eingesetzte Getränkehalter ohne „Verschwinden-Funktion“ generiert einen bleibenden kreisrunden Abdruck am Unterarm, der von der Haltedauer einem Tattoo Konkurrenz machen könnte, weil das umliegende Leder viel zu weich ausgepolstert ist und der Halter deutlich zu weit hervorragt.

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Porsche Macan bei der Vorbereitung zur Ankunft der Mille Miglia Fahrzeuge

Wer das Panorama-Schiebedach nicht bestellt, ist selbst schuld.

Das Panorama-Glasschiebedach ist perfekt für den Macan. Es schafft ein hohes Raumgefühl, flutet den Innenraum schnell mit Frischluft und ist perfekt für Photographen, die schöne Fahraufnahmen machen wollen. Nur empfiehlt sich hier eine Schaumstoff-Ummantelung zur Auspolsterung der Aluminiumträger der Dachkonstruktion (nicht bei Porsche erhältlich).

57.930 Euro – gleicher Preis auch für die Benzin-S-Version.

Beide haben fast die gleiche Hubraumgröße und gleich viele Zylinder aber unterschiedliche Leistungsdaten: deutlich mehr Drehmoment für die kurzen, städtischen Sprints bietet der Macan S Diesel, den besseren Sound sowie deutlich mehr Motorleistung (340 PS zu 258 PS) hat der Macan S.

Bei sinnvoll gewählter Zusatzausstattung wie zum Beispiel dem 21-Zoll Turbo Design Rad, die Sideblades in Exterieurfarbe lackiert (an Stelle von schwarzem Kunststoff), Bi-Xenon Hauptscheinwerfer, Panorama-Glasdach, Sitzheizung vorne, Tempostat und einem schönen Interieur-Paket sowie dem BOSE-Soundsystem, ist man schnell über 70.000 Euro.

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Porsche Macan auf Abwegen: Wendemanöver auf einem italienischen Markt

Das Argument, bei Audi würde man Vergleichbares viel günstiger bekommen, ist richtig. Nur hat man dann eben keinen Porsche. So publizistisch und arrogant dies auch klingen mag: der Macan ist – entgegen aller Ängste und der kleinen Unstimmigkeiten zum Trotz – ein echter Porsche.

Wenn auch nicht so kompromisslos wie der 911. Und wenn selbst Audi sich bei Porsche beschwert, dass der Macan preislich zu niedrig angesetzt wurde und sie aufgrund dieser Umstände Angst haben, ihren Q5 nicht weiter erfolgreich verkaufen zu können, muss dies ein starkes Argument sein.

Benjamin Brodbeck

Benjamin Brodbeck ist 33 Jahre alt und studierte Automobilwirtschaft bei Prof. Dr. Diez. Danach wechselte er an die Universität Wien, wo er Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studierte und mit dem akademischen Grad 'Magister der Philosophie' abschloss. Neben seiner Tätigkeit als Jazz-Pianist bringt er seine Leidenschaft für und sein Wissen von Automobilen in Form und Sprache als Publizist bei AUTOmativ.de sowie zahlreichen weiteren Plattformen und Unternehmen zum Ausdruck.

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